Posts

15. Brief - Göttliche Triaden (A)

Kenneh, 29. Dezember 1849 Die ägyptische Religion steht im Vergleich mit der griechischen sehr schlecht da, wenn wir an die Verehrer der Katzen denken und an die Verehrer des Jupiter Olympius. Trotzdem kann man sich vorstellen, selbst mit diesen übernatürlichen Bildern vor Augen, daß die ungekünstelten alten Ägypter der Wahrheit näherkamen. Es besteht kein Zweifel, daß die gebildeten Ägypter an den „einen Gott“ glaubten, den Unerreichbaren, den Unteilbaren, dem „Einen“, der weder benannt noch dargestellt werden konnte und daß die verschiedenen Namen und Darstellungen, die sie verwendeten, dazu da waren, um das Verhältnis darzustellen, in dem der Schöpfer seinen Geschöpfen erschien. Als Neph ist er der kluge Kopf und will zum Beispiel, daß die Menschheit fortschrittlich ist, als Amun kümmert er sich darum, wie dieser Fortschritt erreicht werden soll, als Phthah führt er seine Pläne aus, und als Osiris übermittelt er sie den Menschen. Die Namen für den einen Gott könnte man für uns so

14. Brief - Ägyptisches Christentum (I)

In Ägypten gibt es nichts Schönes, um den Schrecken zu mildern, den man angesichts dieser schrecklichen Grabtücher empfindet – in Assiut sind es nur Grabtücher – diese versteinerten Körper, plötzlich in Stein verwandelt mitten bei ihren alltäglichen Tätigkeiten, wie es in Beni Hasan zu sein scheint – diese gigantischen Phantome, was sie in meiner Vorstellung in Luxor sein werden, einer toten Vergangenheit. Wenn Ihr Euch ausmalen könnt, ein schreckliches Gespenst in dem grellen Licht einer meridianen Sonne zu sehen, das ist Ägypten – mein vornehmes, melancholisches, sublimes, totes Ägypten. Hier zu reisen, ist nicht wie die touristische Besichtigung schöner Kunstwerke oder sonniger Landschaften in Italien oder Südfrankreich, es ist wie der Ghul, der die Gräber heimsucht, das heißt, Lepsius war der Ghul, der die Monumente aufbricht, zerstört und die Leichen stiehlt, und wir sind die armen harmlosen Púcas . Wir haben das Gebiet der Doumpalmen erreicht, die ich sehr schön finde, sie erinn

14. Brief - Ägyptisches Christentum (H)

Wenn der Wind gut ist, werden wir wohl kaum in Theben anhalten, aber ich hoffe, er wird es nicht sein, damit wir dort wenigstens einen Spaziergang im Mondschein machen können (denn jetzt ist Vollmond), als erste Einführung in die Stadt mit den hundert Toren. Stellt Euch nur vor, daß wir nur noch fünfzig Meilen von Theben entfernt sind: Ich kann es kaum glauben und habe beinahe Angst davor, diese schrecklichen Geister von toter Zeit und Raum zum ersten Mal zu sehen.

14. Brief - Antikes Christentum (G)

Heute verstehen wir auch nicht viel mehr vom Gesetz, wir kennen nur zusammenhanglose Fakten, und es ist traurig, daß soviel Erfahrung verlorengeht, daß Nationen untergehen und ihre Nachfolger dabei zusehen und nicht wissen, warum. Wenn man fragt, werden die Leute einem sagen: Es war eine Prophezeiung, die in Erfüllung gegangen ist. Eine praktische Erklärung, die den Historikern viel Arbeit erspart. Aber der Wind ist stärker geworden, und nach zwei Tagen Verzögerung nähern wir uns endlich Qena. Die Fahrt mit dem Schiff von Qena nach Assiut – 150 Meilen – ist gut verlaufen. Fünf Tage lang war der Wind günstig, was Mr. Bracebrigdes Laune sehr gebessert hat, aber wir finden es alle zu schnell.

14. Brief - Antikes Christentum (F)

Aber wenn man an Ägypten als Geburtsort des Mönchtums denkt, die Mutter aller religiösen Orden, wofür ich es zweifellos halte, wenn man von den Essäern absieht, ist es seltsam, zu sehen, wie sehr die Religion hier vernachlässigt wird. Ein einziger Mönch, ein Franziskaner, lebt noch in Assiut (Mr. B. hat ihn besucht), der einzige Nachfolger von Johannes von Lykopolis und der Legionen von Thebaïs. Dort hatte er seine einsamen Messen gelesen und das schon seit zehn Jahren, er trug genau die Kleidung eines Moslems, mit Sondergenehmigung seiner Vorgesetzten, und das in dem Land, das vor 1400 Jahren das Rom der Christenheit war, das wie Rom die klassische und die religiöse Hauptstadt der Welt vereinte, und, anders als Rom, zur gleichen Zeit. Alexandria war damals noch die Königin der Städte, das Serapeum mit seinen 700.000 Bänden war immer noch das wichtigste Bauwerk der Welt (vielleicht abgesehen vom Capitol), das Zeitalter des Augustus war kaum vorbei, aber es war auch der Ort aller chri

14. Brief - Antikes Christentum (E)

Ich denke, es gibt in der Geschichte nur wenige Beispiele dafür, daß ein Land so gründlich de-christianisiert wird wie Ägypten (1), nachdem es einmal ganz und gar christlich war, ganz herausragend sogar, wenn man nach den christlichen Schismen urteilt, die das Land im vierten Jahrhundert zerrissen – Athanasius wurde fünfmal aus Alexandria verbannt (ich fürchte, daß christliche Zwietracht und Christentum Synonyme sind). Hat der Islam üblicherweise so vollständig Besitz von einem einst christlichen Land ergriffen? Anmerkung der Verfasserin: 1: Die 20.000 Kopten kann man kaum als Christen betrachten.