1. Alexandria (1)
Alexandria, 19. November 1849
Ja, meine liebe Familie, ich habe zum ersten Mal den Orient den betreten und – oh! Könnte ich nur die Welt der alten Dichtung, der biblischen Bilder, des Lichts und des Lebens schildern, die sich bei diesem Wort auftut! Mein erster Tag im Orient – er war überwältigend, und ich werde ihn bis in alle Ewigkeit nicht vergessen.
Ich schreibe am Montagmorgen bei Kerzenlicht, weil ich gestern bei der Ankunft keinen Augenblick Zeit hatte. Man ist überrascht, daß es hier überhaupt Dunkelheit gibt – in diesem Land der Wärme, des Lichts und des Lebens. Wir hatten eine phantastische Fahrt von Malta aus – neunzig Stunden, und es wäre noch schneller gegangen, wenn wir nicht gezwungen gewesen wären, etwas langsamer zu fahren, um nicht vor Tagesanbruch an den gefährlichen Syrten zu landen.
Isis hieß uns mit einem feinen silbernen Halbmond in ihrem Land willkommen, und um halb fünf gingen wir an Deck und sahen im klaren milden Sternenlicht zu, wie die Venus aufging und so groß wurde, daß der Kapitän sie mit dem Pharos verwechselte und das Schiff anhielt. Dann kamen die Wolken der Morgendämmerung, rosarot wie Guidos Aurora – er muß einen Sonnenaufgang im Orient gesehen haben, denn die Farben seiner Horen sind genau die des Tagesanbruchs hier und nicht im geringsten die eines italienischen Sonnenaufgangs. Es wirkt nicht so grell, wie es der englische Himmel manchmal tut, sondern so klar und durchscheinend, daß man wirklich glaubt, man würde in einen höher gelegenen Himmel schauen – und man fühlt sich etwas befangen bei der Vorstellung, bis zu den Geheimnissen von Gottes Thron vorzudringen.
Der Pharos, die Schiffsmasten von Alexandria, die Pompeiussäule und ein langer Streifen Küste erschienen jetzt vor den glühendroten Wolken, und mit einem Schlag ging die Sonne in ihrem eigenen Morgenland, dem Osten, auf. Die Einladung in die alte Poesie, die sie einem gibt, kann ich nicht beschreiben. Sie steigt nicht langsam, bedächtig und traurig auf wie die kühle Dämmerung in England, während der man fröstelt und schaudert, weil man in der Kälte aufgeblieben ist, um zu sie zu sehen, sondern springt vom Horizont in den Himmel, gibt ihren feurigen Hengsten die Peitsche, jubelt vor Freude und beschert uns sofort einen strahlenden Tag. Sie zieht hier fröhlich ihre Bahn, und die Flut, die sie hervorbringt, ist lebendiges Licht – erst wenn man es gesehen hat, versteht man das Wort „lebendig“. Jeder Strahl ist ein leibhaftiger Bote – der nördliche Sonnenschein ist dagegen nur Bühnenbeleuchtung. Ich vergesse diesen Anblick nie. Nun drängten wir uns alle auf unserem Dampfer und liefen in den alten Hafen ein, hielten aber nur kurz, damit ein arabischer Lotse an Bord gehen konnte. Er warf immer wieder die Lotleine aus und stellte fest, daß wir uns in nur vier Faden tiefem Wasser befanden. Die Mondsichel und der Stern flatterten träge in der morgendlichen Brise, aber eine Gruppe von Arabern – die geschäftigsten und lautesten Leute der Welt – kam sofort an Bord. Sie gestikulierten heftig, zappelten herum und tanzten. Mir kamen sie vor wie Mischwesen zwischen Affe und Mensch, und ich fand sie sehr häßlich – wie Sklaven sahen sie aus.
Ja, meine liebe Familie, ich habe zum ersten Mal den Orient den betreten und – oh! Könnte ich nur die Welt der alten Dichtung, der biblischen Bilder, des Lichts und des Lebens schildern, die sich bei diesem Wort auftut! Mein erster Tag im Orient – er war überwältigend, und ich werde ihn bis in alle Ewigkeit nicht vergessen.
Ich schreibe am Montagmorgen bei Kerzenlicht, weil ich gestern bei der Ankunft keinen Augenblick Zeit hatte. Man ist überrascht, daß es hier überhaupt Dunkelheit gibt – in diesem Land der Wärme, des Lichts und des Lebens. Wir hatten eine phantastische Fahrt von Malta aus – neunzig Stunden, und es wäre noch schneller gegangen, wenn wir nicht gezwungen gewesen wären, etwas langsamer zu fahren, um nicht vor Tagesanbruch an den gefährlichen Syrten zu landen.
Isis hieß uns mit einem feinen silbernen Halbmond in ihrem Land willkommen, und um halb fünf gingen wir an Deck und sahen im klaren milden Sternenlicht zu, wie die Venus aufging und so groß wurde, daß der Kapitän sie mit dem Pharos verwechselte und das Schiff anhielt. Dann kamen die Wolken der Morgendämmerung, rosarot wie Guidos Aurora – er muß einen Sonnenaufgang im Orient gesehen haben, denn die Farben seiner Horen sind genau die des Tagesanbruchs hier und nicht im geringsten die eines italienischen Sonnenaufgangs. Es wirkt nicht so grell, wie es der englische Himmel manchmal tut, sondern so klar und durchscheinend, daß man wirklich glaubt, man würde in einen höher gelegenen Himmel schauen – und man fühlt sich etwas befangen bei der Vorstellung, bis zu den Geheimnissen von Gottes Thron vorzudringen.
Der Pharos, die Schiffsmasten von Alexandria, die Pompeiussäule und ein langer Streifen Küste erschienen jetzt vor den glühendroten Wolken, und mit einem Schlag ging die Sonne in ihrem eigenen Morgenland, dem Osten, auf. Die Einladung in die alte Poesie, die sie einem gibt, kann ich nicht beschreiben. Sie steigt nicht langsam, bedächtig und traurig auf wie die kühle Dämmerung in England, während der man fröstelt und schaudert, weil man in der Kälte aufgeblieben ist, um zu sie zu sehen, sondern springt vom Horizont in den Himmel, gibt ihren feurigen Hengsten die Peitsche, jubelt vor Freude und beschert uns sofort einen strahlenden Tag. Sie zieht hier fröhlich ihre Bahn, und die Flut, die sie hervorbringt, ist lebendiges Licht – erst wenn man es gesehen hat, versteht man das Wort „lebendig“. Jeder Strahl ist ein leibhaftiger Bote – der nördliche Sonnenschein ist dagegen nur Bühnenbeleuchtung. Ich vergesse diesen Anblick nie. Nun drängten wir uns alle auf unserem Dampfer und liefen in den alten Hafen ein, hielten aber nur kurz, damit ein arabischer Lotse an Bord gehen konnte. Er warf immer wieder die Lotleine aus und stellte fest, daß wir uns in nur vier Faden tiefem Wasser befanden. Die Mondsichel und der Stern flatterten träge in der morgendlichen Brise, aber eine Gruppe von Arabern – die geschäftigsten und lautesten Leute der Welt – kam sofort an Bord. Sie gestikulierten heftig, zappelten herum und tanzten. Mir kamen sie vor wie Mischwesen zwischen Affe und Mensch, und ich fand sie sehr häßlich – wie Sklaven sahen sie aus.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen