8. Brief - Beni Hasan (A)

Beni Hasan, 14. Dezember 1849
Mein erster wirklicher ägyptischer Tag. Oh, meine Familie – fast auf den Tag vor zwei Jahren habe ich die Sixtinische Kapelle zum ersten Mal gesehen. Es war meine erste Einführung in die Geheimnisse Michelangelos und heute war meine erste Einführung in die Geheimnisse Ägyptens.
Ich betete um Gegenwind, damit wir nicht an Beni Hasan vorbeifuhren, ohne die Höhlen zu sehen, deren Säulengänge hoch oben auf dem Felsen wir den ganzen Tag von dem trägen Dahabieh aus gesehen hatten. Wir kamen um fünf Uhr gegenüber von ihnen an, zu spät, um hinaufzusteigen, also ankerten wir in Kôm. Mir wurde versprochen, daß wir, wenn wir in der Nacht keinen günstigen Wind hatten, am nächsten Tag bei Sonnenaufgang weiterfahren würden. Als ich morgens aufwachte, fuhren wir weiter, obwohl der Morgenstern klar im Osten aufgegangen war. Ich dachte, sie würden mir einen Streich spielen, aber nein, bei Sonnenaufgang legten wir in dem kleinen Boot ab, überquerten den Nil und landeten direkt unter jenen magischen Löchern – Löcher nenne ich sie, mit ihren viereckigen Eingängen, die aussahen, als wären sie erst gestern gemeißelt worden. Sie befinden sich alle in einem Stratum, etwa drei Fünftel die Klippen hinauf – und wir kletterten hinauf. Die beiden verlassenen Dörfern von Beni Hasan liegen etwas im Süden des Forts, und die Verlassenheit eines arabischen Dorfes, wenn es denn verlassen ist, kann man nicht beschreiben. Sie wurden von Ibrahim Pascha zerstört und alle Frauen und Kinder getötet. Das Ganze machte auf mich nicht den Eindruck einer verlassenen alten Stadt, sondern den einer verlassenen alten Welt.

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