8. Brief - Beni Hasan (C)

Aber fünf andere sind noch völlig erhalten – ihre Säulen sind ein Strauß aus vier Lotusstielen, direkt unter der Blüte zusammengebunden. Aber diese schöne schlichte Idee wird verdorben, indem man die Deckplatten grün anstreicht und die Stiele grüngelb gestreift; das erste Beispiel, glaube ich, für die lombardische und maurische Architektur mit ihren abwechselnden Schichten aus verschiedenfarbigem Marmor. Die Felsenwände von vier der Kammern sind von Reihen kleiner Figuren bedeckt, die die Sitten und Gebräuche der Zeit darstellen. Die östliche Sonne schien nicht in ihre Türen (die nach Westen führten), aber wir konnten gut genug sehen, alle zivilisierten Gewerbe waren vertreten – Glas, Eisen – und der ganze Rest, auch der Beruf – soll ich ihn zivilisiert nennen oder nicht? – Opern, Tanz, Pierrot als jet dʼhomme mit ausgestrecktem Bein zeigt, daß Beispiele nicht immer gut sind, da wir unsere ägyptischen Vorgängern so genau gefolgt sind. Schiffe mit Rudern, genau wie die auf dem Lago Maggiore, die Männer ruderten im Stehen. Die Farben und sogar die Zeichnung dieser Dinge bewiesen, daß die Ägypter damals gute Chemiker und Bauzeichner waren. Die Kleidung der Frauen war zivilisiert – der Schmuck war immer rot, grün und weiß – die italienischen Farben. Das einzige Zeichen von Primitivität war, daß der König immer fünf Mal so groß war wie alle anderen.
Die berühmte und viel diskutierte Prozession ist hier zu sehen – für Champollion zeigt sie, wie Josef seine Brüder vorgestellt werden, während H. Martineau und andere die Idee ablehnen. Es ist sicher, daß ihre Kleidung syrisch ist, nicht ägyptisch, und daß dieser Sarg aus Josefs Zeit stammt, bestätigt Wilkinson. Ich halte es für unwichtig, diese Frage zu beantworten – ob es nun Josef ist oder nicht, sein Kopf ist völlig ausradiert, und es bedeutet sehr wenig, ein Porträt von Dan und Gad zu haben. Alles, was man wissen will, ist, daß auf diesem Boden vor fast 4000 oder 5000 Jahren Leute standen, die genauso dachten und fühlten wie wir, die ihre Brüder liebten und um ihre Toten trauerten, mit ewiger Liebe und Erinnerung wie wir – daß Denkmäler ihrer Liebe überdauert haben, während alle Erinnerung an sie selbst verschwunden ist – und während der Klang ihrer Namen zu Hieroglyphen erstorben ist, hallt ihr Herzschlag doch noch aus den dämmerigen, mit Lotusblättern geschmückten Felsenkammern wider. Sie wollten ihren Tod ständig vor Augen haben. Der Stein findet eine Stimme und der Sand der Wüste Zungen, mit denen sie zu uns sprechen.

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